Corona-Verordnungen: Wird Sexarbeit von der Politik nicht genug ernst genommen?

Erobella, die Online-Plattform für käufliche Liebe, hat die Corona-Verordnungen der Bundesländer seit November 2020 unter die Lupe genommen: Nach Ende des Lockdowns im Frühjahr 2021 arbeiteten die Bundesländer an Regeln zum Schutz der Gesundheit der Berufstätigen, angefangen bei der Tragepflicht des Mund-Nase-Schutzes bis hin zu 3G (getestet, genesen oder geimpft). Die Bundesländer sind sich über die einzelnen Regeln für die meisten Arbeitskategorien einig – mit Ausnahme von Sexwork. Dies kann die Gesundheit von Tausenden von ArbeitnehmerInnen gefährden.

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Prostitution ist nicht gleich Prostitution

Wie die Recherche von Erobella – einem Paysex-Anzeigenportal – zeigt, unterschieden Länder vor allem zwischen Prostitutionsgewerbe und sexuellen Dienstleistungen. Zweiteres waren in mindestens sieben Bundesländern bis Mitte Dezember 2020 weiterhin erlaubt, obwohl sich auch die solo-selbstständigen DienstleisterInnen als Gewerbetreibende verstanden.

“Bis zu diesem Zeitpunkt herrschte in der Branche große Unsicherheit”, erklärte Marie Kess, Pressesprecherin der Onlineplattform Erobella. “Der Grund sind ungenaue Formulierungen in den Verordnungen und im Prostituiertenschutzgesetz”.

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Mund-Nase-Schutz, 3G, Corona-Tests: Keine Eindeutigkeit für SexarbeiterInnen

Für bestimmte Arbeitsgruppen sind die Verordnungen sehr präzise: Beim Betreten einer Gaststätte gelten beispielsweise die 3G-Regeln und die Verpflichtung zum Mund-Nase-Schutz. So können die Gäste den Service sicher genießen und die MitarbeiterInnen ihre Tätigkeit ohne Gesundheitsrisiko verrichten. Dies gilt nicht für das Prostitutionsgewerbe, wo die Vorschriften von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind und manchmal nicht ausreichend, um ein sicheres Arbeitsumfeld zu gewährleisten.

Fast alle Bundesländer haben die 3G-Regel in Bezug auf Sexarbeit übernommen, was sowohl den DienstleisterInnen als auch den KundInnen Sicherheit bietet, aber in einigen Bundesländern wie Sachsen Anhalt ist 2G (Service nur für geimpft und genesen) verboten: Dies lässt den Berufstätigen keine Möglichkeit, Dienstleistungen auf geimpfte oder genesene Personen zu beschränken, falls sie es möchten.

Was die Verwendung des Mund-Nase-Schutzes angeht, sind sich die Bundesländer auch hier nicht einig: In Schleswig-Holstein gilt die Benutzungspflicht nur für DienstleisterInnen und nur dann, wenn sie nicht geimpft, getestet oder genesen sind, in Hessen muss niemand eine Maske tragen, der sich an die 3G-Regeln hält. Nur in Berlin besteht die Pflicht, eine FFP2-Maske zu tragen.

Viele Regeln, alle unterschiedlich: Viele Berufstätige fragen sich, ob die Regierung mit ihrer Gesundheit spielt oder warum die Bundesländer sich nicht einig sind, wenn es darum geht, Regeln zum Schutz der Gesundheit von SexarbeiterInnen zu finden.

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Die Konsequenzen der Stigmatisierung

Die Stigmatisierung von Sexarbeit führt in Deutschland zu A- und B-Berufen und die Unterschiede in der Behandlung sind offensichtlich: Während einerseits bestimmte Berufskategorien wie FriseurInnen, KosmetikerInnen und GastronomInnen durch klare und eindeutige Vorschriften geschützt sind, gibt es andererseits für die Sexarbeitsbranche mehrdeutige Regelungen, die oft nicht streng genug sind, um die Gesundheit der Berufstätigen zu schützen.