Sexworker Well-Being Index: Welche Länder bieten die besten Bedingungen für Sexarbeiterinnen?

Die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Sexarbeiterinnen sind von Land zu Land sehr unterschiedlich. Während in manchen Ländern die Sexarbeit stark kriminalisiert wird, herrschen in anderen Ländern deutlich bessere Bedingungen vor.

Das Escort-Portal Erobella hat nun in Zusammenarbeit mit dem Lust Mag in einem „Sexworker Well-Being Index” die aktuelle Situation in 25 Ländern weltweit miteinander verglichen und ausgewertet.

In diesen Ländern sind die Arbeitsbedingungen für Sexarbeiterinnen am sichersten

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschland, Österreich und die Niederlande die sichersten Arbeits- und Lebensbedingungen für Sexarbeiterinnen bieten.

Wohlbefinden-von-SexarbeiterInnen-Studie-Grafik

Die Studienmacher begründen dies mit einer rechtlich sehr stabilen Situation vor Ort: Das Prostitutionsgewerbe ist in den drei genannten Ländern vollständig legalisiert und gut wahrnehmbar durch zahlreiche Interessengemeinschaften vertreten. Demnach gibt es alleine in Deutschland 11 Organisationen, die sich für die Rechte von Sexarbeiterinnen einsetzen.

In der offiziellen Begründung heißt es daher zusammengefasst: „In allen drei Ländern ist Prostitution legalisiert und staatlich reguliert. SexarbeiterInnen können sich wie andere selbständig arbeitende Personen ganz normal als KleinunternehmerInnen registrieren, legal Steuern abführen sowie in die Kranken- und Rentenversicherungen eintreten. Straßenstriche machen in allen drei Ländern höchstens 15% der Prostitution aus und zahlreiche Verbände und soziale Organisationen vertreten die Interessen der SexarbeiterInnen. Außerhalb Europas gilt lediglich Neuseeland als ein Musterbeispiel für gute Arbeitsbedingungen in der Prostitution.”

Wo sind die Arbeitsbedingungen besonders schlecht?

Wenig überraschend landen Frankreich und Schweden auf den letzten Plätzen des Sexworker Well-Being Index. Schon die Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen wird hier durch den Gesetzgeber kriminalisiert – und somit auch die Arbeit von Sexarbeiterinnen an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Viele Sexarbeiterinnen berichten in diesem Kontext von zunehmender Gewalt und Verelendung.

Doch auch in Portugal, Tschechien, der Slowakei und Polen werden die Arbeits- und Lebensbedingungen für Sexarbeiterinnen als mangelhaft eingestuft. Mit 40 bis 73 Prozent ist in diesen Ländern der Anteil der Straßenprostitution besonders hoch. Dazu kommt, dass es so gut wie keine wahrnehmbaren Interessenvertretungen vor Ort gibt, die sich für die Rechte und den Schutz von Sexarbeiterinnen einsetzen.

Nach welchen Kriterien wurde der Sexworker Well-Being Index erhoben?

In der Lust Mag- und Erobella-Studie wurden fünf verschiedene Kriterien unterschieden, die zusammengenommen Aufschluss über das Wohlbefinden der Sexarbeiterinnen liefern können. Zu den Kriterien zählen:

  1. Rechtliche Situation: Sind Sexarbeiterinnen rechtlich geschützt und anerkannt?
  2. Interessenvertretungen: Durch welche und wie viele Organisationen werden Prostituierte vor Ort betreut und beraten?
  3. Sozialer Zusammenhalt: Können sich Sexarbeiterinnen im Notfall auf die lokalen Strukturen und Hilfsangebote verlassen?
  4. Rotlichtviertel: Gibt es ausgewiesene Bezirke, in denen die Sexarbeit in einem geschützten Rahmen möglich ist?
  5. Straßenprostitution: Zu welchem Anteil wird der Paysex auf der Straße praktiziert?

Was bedeutet das Ergebnis für die Sexarbeit in Deutschland?

Das Ergebnis der Studie zeigt: Sexarbeit in Deutschland ist verhältnismäßig gut möglich und relativ sicher. Nichtsdestotrotz bedeutet der erste Platz im Ranking keinesfalls eine uneingeschränkte Offenheit. Die Prostitution ist auch in Deutschland stark umstritten. In den letzten Jahren wurden vermehrt Stimmen in Politik und Gesellschaft laut, die eine Einschränkung der Prostitution forderten – und zum Teil sogar für ein grundsätzliches Verbot der Sexarbeit warben.

Diese Ambivalenz wird auch von der Berliner Domina Lady Susan wahrgenommen: „Die Sexarbeit findet in Deutschland mehr und mehr Akzeptanz, denn sie ist ein Wirtschaftszweig und wird als solcher eben auch behandelt. Andererseits gibt es in Deutschland Gesetze, die die Sexarbeit – ob bewusst oder unbewusst sei dahin gestellt – stigmatisieren und zudem meiner Meinung nach völlig praxisfern sind.“

Dabei besonders häufig in der Kritik: das Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG) von 2017. Das Gesetz schreibt vor, dass Sexarbeiterinnen bei der zuständigen Behörde persönlich vorstellig werden müssen und einen Ausweis erhalten, den sie bei ihrer Berufsausübung stets mit sich führen müssen. „Von einem Bäcker-Ausweis oder einem Verkäufer-Ausweis habe ich hingegen noch nie gehört“, kommentiert Lady Susan weiter.

Fazit: Was können wir vom Sexworker Well-Being Index lernen?

Während in manchen Ländern die Sexarbeit frei und weitestgehend uneingeschränkt möglich ist, werden Sexarbeiterinnen (und zum Teil auch ihre Kunden) in anderen Ländern der Welt weiter kriminalisiert und stigmatisiert.

Die Resultate des Sexworker Well-Being Index machen deutlich, dass es in Europa immer noch keine einheitliche Regelung zu dem Thema gibt. Während Länder wie Deutschland und Österreich der Sexarbeit recht liberal und offen gegenüberstehen, sieht die Lage im benachbarten Frankreich komplett anders aus.

Das Ziel der Studienmacher von Erobella und dem Lust Mag war es, auf dieses Ungleichgewicht hinzuweisen. Marie Kress, Pressesprecherin von Erobella hält diesbezüglich fest: „Der ideale Arbeitsplatz von SexarbeiterInnen muss selbstbestimmt, entkriminalisiert, gewalt- und stigma-frei und, im Sinne der Interessen der Berufsgruppe, rechtlich reguliert sein. Das wollen wir unterstützen und haben daher diese Studie durchgeführt, die den Status Quo der Arbeitsbedingungen für SexarbeiterInnen in Europa darlegt.”

Sexwork bleibt somit wohl auch in den nächsten Jahren ein Thema, das überall auf der Welt weiter stark polarisieren wird. Daher ergibt sich für Aktivisten, die vor Ort gegen das Verbot der käuflichen Liebe kämpfen, das eindeutige Fazit: Nicht aufgeben! Es gibt auch in Zukunft noch viel zu tun.