Corona-Krise: Deutsche Aidshilfe fordert Solidarität für Sexarbeiter

Die Deutsche Aidshilfe hat den heutigen internationalen Hurentag zum Anlass genommen, einen Appell an die Politik zu richten. Man fordert Gleichbehandlung und Unterstützung von Sexarbeitern, die in der Corona-Krise in Not geraten sind. Viele Verbände und Fachberatungsstellen haben den Appell bereits unterzeichnet.

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Deutsche Aidshilfe fordert Gleichbehandlung und Unterstützung von Sexarbeitern

Von der Corona-Krise ist ein bestimmter Bereich besonders schwer betroffen: Die Sexarbeit. Wegen des aktuellen Verbots zur Berufsausübung sind zahlreiche Prostituierte in existenzielle Nöte geraten. Neben den ausbleibenden Einnahmen kommt oft noch fehlender Gesundheitsschutz und Obdachlosigkeit hinzu. Deshalb hat die Deutsche Aidshilfe zum internationalen Hurentag am 2. Juni nun einen Appel an politisch Verantwortliche in Bund, Ländern und Kommunen gerichtet. Der Vorstoß erhält viel Zuspruch, unter anderem vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD), Berufsverband Sexuelle Dienstleistungen (BSD) und Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (bufas).

Was genau fordert man? Allgemein geht es in dem Appel mit dem Titel „Sexarbeiter in der Krise: Gleichbehandlung und Unterstützung sicherstellen!“ darum, dass Prostituierte in der Krisensituation nicht wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden und genau wie andere Berufsgruppen das Recht auf finanzielle Hilfe vom Staat haben. Daher möchte man erwirken, dass schnellstmöglich ein Soforthilfefonds zur Absicherung von Sexarbeitern eingerichtet wird, der auf unbürokratischem Wege in Anspruch genommen werden kann. Ebenso stellt man die Forderung, dass obdachlosen Prostituierten eine sichere Unterkunft bereitgestellt und denen ohne Krankenversicherung Zugang zur medizinischen Versorgung gewährt wird.

Weiterer Punkt: Mit Sexarbeit soll nicht mehr wie bei den bisherigen Lockerungen der Corona-Maßnahmen anders als mit anderen körpernahen Dienstleistungen umgegangen werden. Das Berufsverbot soll umgehend aufgehoben werden. Björn Beck, Vorstandsmitglied der Deutschen Aidshilfe, sagt dazu: „Die Epidemie trifft die am härtesten, die ohnehin schon benachteiligt waren. Menschen, die sich vor Corona in prekären und bedrohlichen Situationen befunden haben, erleben diese nun verschärft. Bedroht ist dabei nicht zuletzt die Gesundheit der Betroffenen. In der Not ist Solidarität gefragt – unabhängig von moralischen Bewertungen.“

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Keinen Zugang zu Hilfen – Angebote von Beratungsstellen stark eingeschränkt

Zwar gab es bereits einige staatliche Corona-Soforthilfeprogramme, allerdings ist Prostituierten bisher – zumeist aus steuer-, melde- oder aufenthaltsrechtlichen Gründen – der Zugang erschwert oder gänzlich verstellt worden. Von Unterstützung für Sexarbeiter in finanziellen Nöten kann daher nicht die Rede sein. Zumal einige von ihnen in rechtlicher Hinsicht einen Anspruch auf Hilfe vom Staat haben, sie von den Behörden jedoch wegen ihres Berufs nicht ernst genommen oder gar diskriminiert werden.

Da Sexarbeiter, die nicht finanziell unterstützt werden – und womöglich zusätzlich weder krankenversichert sind noch eine sichere Unterkunft haben -, trotzdem Geld verdienen müssen, bieten nicht wenige trotz Berufsverbot weiterhin sexuelle Dienstleistungen an. Ihnen bleibt zum Überleben keine andere Möglichkeit. Werden sie jedoch erwischt, ist ein Bußgeld fällig. Heißt: Aufgrund fehlender Hilfe vom Staat, könnte sich die finanziell prekäre Situation von Sexarbeitern nur noch weiter verschärfen.

Außerdem können viele Fachberatungsstellen wegen der Corona-Maßnahmen Prostituierten nur noch eingeschränkt zur Seite stehen. Und das, obwohl diese neben Beratung auch Prävention in vielerlei Hinsicht betreiben, zum Beispiel bei Gewalt. Die Deutsche Aidshilfe fordert daher, dass Fachberatungsstellen umgehend als systemrelevant eingestuft werden, damit sie Sexarbeiter auch aktuell in schwierigen Lebenssituationen unterstützen können.

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Kritik an Sexkaufverbot

Was erschwerend hinzu kommt: Einige Politiker nutzen die Corona-Krise, um ein generelles Sexkaufverbot zu erwirken. Dieser Vorschlag wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach diskutiert – auch auf bundespolitischer Ebene. Prostituierten-Verbände wie der BesD haben das erheblich kritisiert.

Björn Beck hat dazu eine klare Meinung: „Im Fokus muss jetzt das Wohl der Betroffenen stehen. Wer die Corona-Epidemie missbraucht, um Stimmung gegen Sexarbeit zu machen, schadet denen, die angeblich geschützt werden sollen. Menschen in der Sexarbeit brauchen kein Berufsverbot, sondern sichere Arbeitsbedingungen und verdienen Respekt.“ Er betont: „Prostituierte zu ‚Super-Spreadern‘ abzustempeln, ist nicht nur fachlich falsch, sondern auch stigmatisierend und menschenverachtend.“

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